Mikrobiologische Therapie – Darmaufbau mit nützlichen Bakterien

Kommt Ihnen das bekannt vor?
Sodbrennen, Völlegefühl, Blähungen, Krämpfe, Verstopfung oder Durchfall, Allergien, Müdigkeit?

Diese Beschwerden werden häufig als Reizdarmsyndrom abgetan oder in diesem Zusammenhang erwähnt. Viele Untersuchungen werden gemacht, aber keiner findet etwas…

Der Hintergrund dieser Symptome, und dies ist mein besonderer Blick aus dem Winkel der Mikroökologie (Darmflora und Mikrobiom), geht häufig mit bakteriellen Fehlbesiedlungen der Darmwand, Pilzbesiedlungen oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten einher – bis hin zur Darmentzündung und erhöhter Durchlässigkeit der Darmwand, einem sogenannten „leaky gut“.

Viele meiner Patienten, die mich wegen solcher Beschwerden aufsuchen, klagen über die oben genannten Symptome. Meistens haben sie schon ein oder mehrere Magen- oder Darmspieglungen ohne krankhaften Befund hinter sich und sind verzweifelt.

An dieser Stelle ist es erforderlich, genauer hinzuschauen und eine Analyse des Stuhls und der Darmflora zu machen. Nach meiner Erfahrung macht es erst Sinn, eine Therapie einzuleiten, nachdem eine laborgestützte Stuhluntersuchung erfolgt ist, sonst fällt die Therapie möglicherweise auf fruchtlosen Boden. Genaueres zur Stuhlflora- und Mikrobiomanalyse finden Sie unter Diagnostik Darm.

Eine Veränderung des Mikrobioms findet man z.B. bei Magen-Darm-Beschwerden, Allergien und Autoimmunerkrankungen, aber auch bei Infektanfälligkeit, wiederkehrenden Blasenentzündungen oder Hautproblemen wie Neurodermitis.

Es gibt einen Zusammenhang mit neurologischen Erkrankungen wie Depression, Migräne, Parkinson und Demenz, aber auch mit Autismus. Ebenso mit Diabetes und rheumatologischen Erkrankungen. Darüber hinaus wurde in zahlreichen Studien gezeigt, dass eine veränderte Darmflora mit Übergewicht und Adipositas in Verbindung stehen.

Bei all diesen chronischen Erkrankungen gibt es mittlerweile deutliche Korrelationen zur Beteiligung der bakteriellen Darmflora. So kann ein ungünstig zusammengesetztes Mikrobiom u. A. zur Vermehrung stark gasbildender Darmkeime führen und damit Beschwerden verursachen wie z.B. Blähungen oder Reizmagen. Bei allen entzündlichen Darmerkrankungen steht das Mikrobiom im Fokus der Forschung und stellt vielversprechende Therapieansätze in Aussicht.

Die 3 Schutzebenen des Darms - zusammen bilden sie die Darmbarriere

  1. Darmflora
  2. Darmschleimhaut
  3. Darm-assoziiertes Immunsystem

1. Die Darmflora (alle Mikroorganismen des Darmes)

Der Darm ist mit einer dichten Schicht aus nützlichen Bakterien ausgekleidet – der Darmflora. Sie besteht aus 100 Billionen Bakterien, die vielfältige Aufgaben für unsere Gesundheit übernehmen. Sie trainieren z. B. das Immunsystem und verdrängen schädliche Keime. Im Dickdarm befindet sich die größte Anzahl der Bakterien.

Durch neue gentechnische Untersuchungsverfahren wurden vor kurzem erstmals weitere Keime gefunden, die sehr wichtig für unsere Gesundheit sind: Faecalibacterium prausnitzii, Akkermansia muciniphila und viele andere. Diese wirken schützend und stabilisierend auf den Darm, weil sie entzündungshemmende Stoffe und Nährstoffe für die Darmwand zur Verfügung stellen, z. B. Buttersäure (Butyrat). Butyrat ist eine kurzkettige Fettsäure und wird durch die Verdauung von Ballaststoffen und Kohlenhydraten gebildet. Sie ist die Hauptenergiequelle der Darmzellen. Daneben steuert Butyrat auch wichtige immunologische Abwehrprozesse und beeinflusst verschiedene Stoffwechselvorgänge im ganzen Körper, zum Beispiel in der Leber oder im Gehirn.

Durch diese neuen Stuhluntersuchungsmethoden kommt es zu einer wahren Flut an Studien zur Erforschung des humanen Mikrobioms. Dadurch werden immer weitere fantastische Zusammenhänge zwischen Mikrobiom und Gesundheit festgestellt   …eine Revolution ist im Gange!

2. Die Darmschleimhaut - eine der wichtigsten Schutzbarrieren in unserem Körper

Eine gesunde Darmschleimhaut ist die Voraussetzung für eine gesunde Darmflora.  Sie bietet unseren Darmbakterien einen Lebensraum und den Nährboden, um zu wachsen und zu gedeihen. Die Darmschleimhaut ist die Basis unseres körpereigenen Immunsystems und eine der wichtigsten Schutzbarrieren in unserem Körper. Zu ihren Hauptaufgaben zählen einerseits die Aufnahme von Nahrungsbestandteilen und Wasser und andererseits der Schutz vor Krankheitserregern und Giftstoffen aus der Nahrung. Die Darmschleimhaut ist somit eine Art Grenze, die das Körperinnere von der Außenwelt trennt. Gerät die Darmflora aus der Balance, kann auch die Schleimhaut Schaden nehmen.

Die Darmschleimhaut leistet jeden Tag Erstaunliches! In dieser Schutzschicht wird schützender Schleim und das bedeutsame Immunglobulin A, kurz genannt sIgA produziert und in das Darminnere abgegeben, um Bakterien, Viren und Pilze und Fremdantigene zu binden. Und uns somit von unerwünschten Eindringlingen zu schützen.

Durch Kommunikation der gesunden Darmflora mit den Lymphfollikeln, unseren Abwehrzellen, den so genannten Peyerschen Plaques, kommt es zur Bildung des IgA’ s. Wichtig hierfür sind beispielsweise die E. coli-Stämme.

Um zu regulieren, welche Nährstoffe unsere Darmschleimhaut passieren können, befinden sich viele kleine Schleusen zwischen den Darmschleimhautzellen. Das Protein Zonulin ist dafür verantwortlich. wie sich diese Schleusen öffnen oder schließen. Eine vermehrte Ausschüttung von Zonulin kann durch krankmachende Keime, einige Nahrungsmittelantigene, insbesondere durch die Weizenbestandteile Gluten und Gliadin sowie durch proentzündliche Zytokine hervorgerufen werden. Wird zu viel Zonulin ausgeschüttet, bleiben die Schleusen zu lange geöffnet, was dann zu einem durchlässigen Darm führt, dem sogenannten Leaky Gut. Bei einem zu durchlässigen Darm strömen neben Nährstoffen auch Schadstoffe, Allergene und Viren unkontrolliert in den Körper und können die Leber belasten, unterschwellige Entzündungen und Allergien auslösen.

Entzündungen und eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut hat außerdem eine verschlechterte Aufnahme von wichtigen Mikronährstoffen, wie Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen, zur Folge. Wenn wichtige Vorstufen fehlen, kann es auch zu Neurotransmitter- und Hormonmangel kommen. Als Folge können wir uns müde, unwohl und energielos fühlen.

3. Das Darm-assoziierte Immunsystem

Unterhalb der Darmschleimhaut sitzt eine Vielzahl aktiver Immunzellen des angeborenen und des erworbenen Immunsystems. Zusammen bilden sie das Darm-assoziierte Immunsystem. Hier befindet sich die größte Ansammlung von Immunzellen im Körper. Insgesamt befinden sich hier etwa 80 % der aktiven Immunzellen und machen ihn damit zum größten Immunorgan des Menschen. Die Immunzellen wirken entweder direkt vor Ort im Darm oder gelangen über das Blut- und Lymphsystem in den gesamten Organismus. Jetzt können Sie sich besser vorstellen, dass es bei einem Ungleichgewicht in diesem System zu ganz unterschiedlichen Erkrankungen kommen kann.

Das wichtige Darm-Gleichgewicht kann empfindlich gestört werden, z. B. durch

  • Einnahme von Antibiotika und Chemotherapie
  • Pestizide und Herbizide wie Glyphosat
  • Umweltgifte, Zusatzstoffe, Weichmacher
  • Fehlernährung und Fast-Food, ballaststoffarme Ernährung
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Fruktose- und Laktoseintoleranz
  • Mikronährstoffmängel
  • Medikamente wie Cortison, Magensäureblocker, Psychopharmaka
  • Schwermetalle wie Blei, Cadmium Quecksilber, aber auch Aluminium
  • Leber-, Gallenblasen-, und Pankreaserkrankungen (schlechte Verdauung)
  • Infekte des Magen-Darm-Traktes (Salmonellen, Clostridien)
  • Stress
  • und vieles mehr

Eine aktuelle Studie aus Österreich zeigt, dass allein dauerhafter Stress ausreicht, um die Darmflora massiv zu verändern. Im Stressmodus wird die Verdauungsleistung unseres Körpers nämlich massiv runtergefahren und unserer Stoffwechsel arbeitet nur auf Sparflamme mit fatalen Auswirkungen auf unser gesamtes System. Deshalb sollte man sich beim Essen Ruhe gönnen.

Anamnese und Mikrobiologische Untersuchung

Durch ein ausführliches Anamnesegespräch prüfe ich mögliche Ursachen für eine veränderte Darmschleimhaut und Darmflora, wie z.B. eine Schwermetallbelastung, Ernährungsfehler, Lebensmittelunverträglichkeiten, Folgen von Antibiotika-Therapien und Nebenwirkungen von Medikamenten.

Anhand der Ergebnisse der Stuhluntersuchung arbeite ich einen individuellen Therapievorschlag für Sie aus, mit dem Ziel, die aus dem Gleichgewicht geratenen Parameter wieder zu regulieren – Aufbau der Darmflora, Entzündungsprozesse zu stoppen, einen optimalen pH-Wert herzustellen und die Darmschleimhaut wieder so zu nähren, damit sich dort wieder die richtigen Bakterien ansiedeln wollen.  Dies kann folgende darmmodulierende Therapien beinhalten:

Regulierende Therapien für den Darm

  • Anwendung von Probiotika
  • PH-Absenkung und Etablierung eines sauren Milieus im Darm
  • Enzymtherapie zur besseren Verdauung von Eiweißen und Kohlenhydraten, um Fäulnis und Gärung zu vermeiden (Ammoniak und Ethanol schädigen die Leber)
  • Präbiotika zur Ernährung der förderlichen Bakterien im Darm
  • Behandlung einer Pilzbesiedelung
  • Darmschleimhauttherapie
  • Immuntherapie über den Darm
  • Ernährungsvorschläge bzw. Erstellung eines Ernährungsplanes 
  • Entgiftungsmaßnahmen
  • Stressmanagement

Ziel ist es, wieder eine gesunde Darmflora und eine intakte Darmbarriere herzustellen und damit die Eigenregulation des gesamten Organismus zu stärken. Mehr zu der genauen Darmdiagnostik finden Sie hier.

Typische Mittel, die unterstützend zum Einsatz kommen:

Förderung der Verdauung:
Quellmittel wie Flohsamenschalen
Enzyme
Betain-HCL
Bitterstoffe

Wiederherstellung eines physiologischen pH-Wertes im Darm:
Rechtsdrehende Milchsäure
Apfelessig, Brottrunk
Lactulose

Schleimhauttherapie und Behandlung eines durchlässigen Darms „leaky gut“:
L-Glutamin
Huminsäuren, Trinkmoor, Zeolith
Kaffeekohle und Myrrhe
Curcumin
Quercetin
Omega-3-Fettsäuren

Immunmodulation und Stärkung des Immunsystems:
Betaglukan, Saccharomyces
Vitamin C, B-Vitamine und Zink
Enterokokken
Butyrat
Heilpilze

Aufbau einer stabilen Säuerungsflora:
Ballaststoffe wie FOS, Haferkleie, Pektin, Akazienfaser, Leinsamen, resistente Stärke
Milchsäurebakterien
Effektive Mikroorganismen